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1977 wurde von einem Radioteleskop in Ohio, das im Rahmen des SETI-Programms nach nach Signalen von ausserirdischen Zivilisationen suchte, ein Signal empfangen, das so auffallend war, dass der Wissenschaftler, der den Ausdruck studierte, "Wow!" dazuschrieb. 30 Jahre danach hat das Signal nichts von seiner Faszination verloren.
Um es gleich am Anfang zu sagen: es gibt keinen Beweis dafür, dass das Wow-Signal tatsächlich von einer ausserirdischen Zivilisation stammt. Von all den Signal-Kandidaten, die bei dem Projekt zur Suche nach ausserirdischer Intelligenz (SETI) in all den Jahren zusammengetragen wurden, sticht das "Wow!"-Signal jedoch heraus, weil es all die Charakteristika hat, die man von einem ausserirdischen Funkfeuer erwarten würde. Doch von Anfang an.
Die Grundidee von SETI ist folgende: Da interstellare Raumfahrt schwierig,energieaufwändig und extrem zeitaufwändig ist, könnte es sein, dass Ziviliationen nach anderen Wegen suchen, um mit anderen Zivilisationen im Universum Kontakt aufzunehmen. Eine gute Möglichkeit wäre, Signale ins All zu schicken, und zu sehen, ob irgendwann eine Antwort kommt. Dafür bieten sich Radiowellen an, da sie im Gegensatz zu kürzeren Wellenlängen (wie Infrarot, Licht, UV, etc.) von interstellaren Gas- und Staubwolken kaum absorbiert werden. Wenn Zivilisationen nur genug häufig sind, so die Überlegung von SETI, könnte es möglich sein, Signale dieser Zivilisationen aufzufangen. Nach dem Motto "Wer nicht sucht, der findet auch nicht!", wird die SETI-Suche auch heute weiter betrieben, obwohl längst klar ist, dass es im Umkreis von wenigen hundert Lichtjahren (dem ursprünglichen Zielbereich von SETI) keine Zivlisationen gibt, die solche Signale abgeben, und weiter entfernte Zivilisationen gewaltige Energiemengen in das Anfunken stecken müssten, um auch über die grosse Entfernung noch bemerkt zu werden (Warten bis in alle Ewigkeit?). SETI sucht nicht nur nach Botschaften, die direkt an die Menschheit gerichtet sind (allerdings: niemand ausserhalb von 70 Lichtjahren hat je Radiowellen von der Menschheit empfangen - und weiss deshalb auch nicht von unserer Existenz), sondern auch nach dem "Radiowellen-Abfall" von ausserirdischen Zivilisationen, wie Fernsehübertragungen, militärische Radars und interplanetare Kommunikation (z.B. zwischen dem Planeten der Ausserirdischen und einem ihrer Raumschiffe im gleichen Sternsystem), die zufällig in unsere Richtung gerichtet waren, schlicht nach allem, was künstlich aussieht. Wie würde sich ein solches Signal also bei uns bemerkbar machen?
Zunächst einmal würde es, von der Erde aus gesehen, am Himmel feststehen und sich nicht bewegen: dies wäre ein Beleg dafür, dass das Signal tatsächlich aus dem interstellaren Raum (bzw. von einem anderen Stern) und nicht aus unserem Sonnensystem stammt. Weiter wäre das Signal vermutlich "schmalbandig", das heisst, auf einen kleinen Bereich des elektromagnetischen Spektrums beschränkt. Wir kennen das von Radiosendern, die z.B. nur auf "102.8 Mhz" senden, daneben fällt die Signalstärke schnell ab. Schmalbandigkeit ist ein Indiz auf künstlichen Ursprung, aber natürlich kein Beweis dafür. Für die interstellare Kommunikation, insbesondere für versuchte Kontaktaufnahmen mit anderen Zivilisationen eignet sich der Frequenzbereich, in dem der neutrale Wasserstoff strahlt (ca. 1420 MHz), besonders gut, unter anderem deshalb, weil Wasserstoff so verbreitet ist und dessen Wellenlänge deshalb allen Zivilisationen im All ein Begriff sein sollte. Die Intensität des Signals würde hoch sein, damit es sich möglichst weit durchs All fortpflanzen kann und dabei vom Hintergrundrauschen unterscheidbar bleibt. Die Wahrscheinlichkeit ist zudem gross, dass das Signal aus der Milchstrassenebene kommt (da sich dort die meisten Sterne befinden) und zudem im eher aus der Hemisphäre, die dem galaktischen Zentrum näher ist (auch hier wieder, die meisten Stenre der Milchstrasse befinden sich auf dieser Seite). Das Signal sollte auch später wieder auftauchen (zwingend für einen Beweis, dass es künstlichen Ursprungs ist!), und am besten sollte es irgend eine Information enthalten.
Der Ausdruck mit der NotitzBis auf die letzten zwei Bedingungen erfüllt das "Wow!"-Signal, das am 15. August 1977, um 23:16 Lokalzeit vom BigEar-Radioteleskop in Ohio aufgefangen wurde, allen Bedinungen. Die Zeichenfolge "6EQUJ5" wurde berühmt, weil der Wissenschaftler, der den Datenausdruck am Morgen danach bearbeitete, sofort erkannte, dass das Signal etwas besonderes ist, sie darauf einkreiste und "Wow!" dazu schrieb. Die Zeichen stehen für die Intensität des Signals, "6" steht für 6 Mal stärker als der Hintergrund, die Buchstaben ersetzen Zahlen, die über "9" hinaus gehen, "E" steht also z.B. für 15 Mal stärker als der Hintergrund. Die Auswertung der Daten zeigte: man hatte einen echten Kandidaten für ein SETI-Signal gefunden. Warum?
Das BigEar-Teleskop ist senkrecht, fix nach oben gerichtet und nutzt so die Drehung der Erde, um den Himmel nach Radiosignalen zu scannen. Es besteht aus zwei baugleichen Antennen, die nacheinander den selben Himmelsabschnitt abdecken. An jenem 15. August empfing eines der beiden Teleskope ein Signal, das 72 Sekunden dauerte - exakt so lange, wie man es von einem Signal, das von einem feststehenden Punkt am Himmel kommt, erwarten würde. Ein solches Signal würde nach 36 Sekunden (die Hälfte der Zeit) senkrecht in die Antenne einfallen und das höchste Signal erzeugen - genau dieses Verhalten zeigte auch das "Wow!"-Signal. Zudem war das Signal schmalbandig (Konzentriert auf 1420.4556 MHz, plusminus 10 kHz / 0.01 MHz), intensiv (über 30 Mal stärker als das Hintergrundrauschen, ein Rekordwert, der bei späteren Beobachtungen nie mehr erreicht wurde) und es kam von einer Position mit den Koordinaten Deklination -27°03m (27 Grad, 3 Bogenminuten unterhalb des Himmelsäquators) Rekaszension 19h22m29s (19 Bogenstunden, 22 Bogenminuten und 29 Bogensekunden vom Nullpunkt des Himmelsäquators entfernt), ein Punkt im westlichen Teil des Sternbilds Schütze - in der Nähe der Milchstrassenebene. Das Sternbild Schütze befindet sich zudem direkt vor dem Milchstrassenzentrum. Der grösste Makel am "Wow!"-Signal ist, dass es sich nie mehr gezeigt hat. Selbst die zweite Antenne des BigEar-Teleskops, die vier Minuten später über die gleiche Stelle am Himmel zog, konnte das Signal nicht mehr finden.
Gleich nach der Entdeckung wurden die genannten Himmelskoordinaten vom BigEar-Teleskop während dreissig Tagen beobachtet, doch das Signal tauchte nicht wieder auf. Seither gab es mehrere Versuche, an der gleichen Stelle am Himmel das Signal zu finden - bisher waren sie alle erfolglos.
Natürlich wurde nach Erklärungen gesucht: lokale Quellen und irdische Radiokommunikation schieden aus, denn die Wasserstofffrequenz gehört zum geschützten Bereich des Spektrums, in dem keine Radiosender arbeiten dürfen. Planeten oder bekannte Asteroiden standen zu diesem Zeitpunkt nicht an den genannten Himmelskoordinaten, und es wäre auch schwer vorstellbar, wie diese ein schmalbandiges Radiosignal aussenden könnten. Raumsonden im Sonnensystem und Satelliten standen ebenfalls keine zu dieser Zeit an dieser Stelle. Sogar eine Reflektion einer künstlichen (irdischen) Radiowelle (im verbotenen Frequenzbereich 1420 MHz) an einem metallischen Trümmerstück (z.B. ein Bruchstück einer explodierten Rakete in der Erdumlaufbahn) wurde als Erklärung herbeigezogen. Das Trümmerstück dürfte aber nicht rotieren und müsste sich genügend weit von der Erde entfernt befinden, um eine Punktquelle am Himmel zu "simulieren" - ein bisschen viele Zufälle. Auch "harmonische Obertöne" von Radio- und TV-Sendern mit tieferne Frequenzen wurden in Betracht gezogen: ein Sender, der auf 710 MHz sendet, sendet auch ein bisschen auf 1420 MHz - extrem schwach zwar, weil man alles unternimmt, solche unnützen harmonischen Obertöne zu unterdrücken, aber immerhin. Auch diese Erklärung fällt weg, weil praktisch alle Radio- und TV-Signale deutlich breiter (weniger schmalbandig) sind als das Wow!-Signal. Schliesslich wurden noch Gravitationslinsen und interstellare Szintilliation (eine Art "funkeln" durch Gas, Staub und Magnetfelder im interstellaren Medium) in Betracht gezogen und als extrem unwahrscheinlich verworfen.
Das alles heisst nicht, dass das "Wow!"-Signal tatsächlich ein Signal einer ausserirdischen Zivilisation ist. Es deutet aber alles darauf hin, dass das Signal tatsächlich aus dem interstellaren Raum stammt. Wenn nicht von einer ausserirdischen Zivilisation, dann stammt das Signal aus einem bisher unbekannten astrophysikalischen Prozess, der viele Lichtjahre von der Erde entfernt stattgefunden hat.
Die Daten sind leider nicht ausreichend, um zu berechnen, aus welcher Entfernung das "Wow!"-Signal stammte. Es gibt an dieser Stelle am Himmel keinen besonderen (nahen) Stern, den man genauer unter die Lupe nehmen könnte - vermutlich ist er einfach zu weit weg, als dass man das Signal genau einem bestimmten Stern zuordnen könnte (die Unsicherheit, aus welchem Punkt am Himmel ist so gross, dass man bei der Entfernung, in der man den leuchtschwachen Ursprungs-Stern des Signals vermuten würde, wohl einige hundert Sterne zur Auswahl hätte).
Am Schluss bleibt die Ungewissheit: War das "Wow!"-Signal tatsächlich ein Signal von einer ausserirdischen Zivilisation? Wir wissen es nicht. Es ist "nur" der beste Kandidat dafür, den das 40-jährige Unternehmen "SETI" hervor gebracht hat.